Reggio-Pädagogik Anerkennung

Haus der Kinder St. Johannes

Was heißt für uns reggio-inspiriert ? !

 

1. Wir verstehen das Kind als Konstrukteur seiner individuellen Wirklichkeit und Entwicklung – bedeutet für uns:

 

Jedes Kind ist ein Forscher, Entdecker und Erfinder. Jedes Verhalten des Kindes macht Sinn. Für uns ist ein jedes Kind individuell und wir versuchen täglich, das Kind dort abzuholen, wo es gerade steht bzw. mit was es sich gerade auseinandersetzt. Die unterschiedlichen Interessen der Kinder geben uns täglich die Möglichkeit, sie in den verschiedensten Situationen zu beobachten, zu begleiten, ihr Handeln stets wert zu schätzen.

 

 

2. Kinder als Ko-Konstrukteure bedeutet für uns:

 

Kinder lernen in Ko-Konstruktion. Dies bedeutet, dass das Kind und die Erzieher Lernprozesse gemeinsam gestalten. Damit ein positiver Lernprozess entstehen kann, ist eine gute Kind-Erzieher-Beziehung äußert wichtig. Nur wenn sich das Kind angenommen und wohl fühlt, wird es seine Sinne ausstrecken und neue Erfahrungen machen können.

Die Aufgabe der Erzieher ist hier ganz klar das Beobachten der Interessen der Kinder, Schlüsse daraus ziehen und den Raum und das Material so zu gestalten, dass es für das Kind anregend ist, um neue Eindrücke sammeln zu können.

Des Weiteren vollzieht sich diese Ko-Konstruktion auch im Spiel der Kinder untereinander. Lernen durch Nachahmung – also am Modell – ist hier ein weiterer Stichpunkt. Durch Nachahmung lernt ein jedes Kind seine natürlichen Grenzen kennen. Die eigenen Ideen kann es entfalten, wie es möchte – ohne richtig oder falsch.

 

 

3. Das Kind hat hundert Sprachen bedeutet für uns:

 

Die vielen Sprachen des Kindes bilden die Grundlage zum Entwickeln der eigenen Persönlichkeit – zum Gestalten der Individualität.

Durch das Bieten verschiedenster Möglichkeiten der Sinneserfassung, kann ein Kind seine Stärken, seine persönlichen Vorlieben, seine schon gemachten Erfahrungen und auch seine persönlichen Grenzen testen – immer wieder aufs Neue ausprobieren.

Mit Hilfe der Raumgestaltung, der Materialvielfalt, der Zeit und vor allem der Wertschätzung des Kindes gegenüber, entstehen so täglich neue Herausforderungen, die „Sprache des Kindes“ zu verstehen und in seiner Entwicklung bestmöglich zu begleiten.

 

 

4. Lernen in Projekten bedeutet für uns:

 

Wir haben bereits die Erfahrung gemacht, dass das Lernen in – vom Kind selbstbestimmten Projekten – am nachhaltigsten ist. Deshalb ist es uns wichtig zu sehen, welche Bedürfnisse und Interessen die Kinder im Moment haben und ihnen diese auf vielfältigste Art und Weise zu spiegeln.

Die Dauer eines Projektes kann eine Stunde oder ein ganzes Jahr betragen. Je nachdem wie lange das Interesse der Kinder an der Thematik hält.

Des Weiteren haben die Kinder die Möglichkeit, jederzeit ein- oder auszusteigen.

Nur wenn ein Kind die Gesichtsmaske auf der Haut, die Bewegung beim Tanzen im Körper, den Schmetterling auf der Hand gespürt hat… wird es dies im Kopf behalten. Wir wollen die Fragen der Kinder nicht beantworten, sondern ihnen die Möglichkeiten geben, durch eigenes Forschen und Experimentieren selbst eine Antwort zu finden.

Projekte können so unterschiedlich wie die Menschen auf der Erde sein – ein einziges Sandkorn kann dies auslösen und daraus einen Wirbelsturm entstehen lassen.

 

 

5. Dokumentation bedeutet für uns:

 

Uns ist die Dokumentation sehr wichtig. Sie spiegelt das Tun der Kinder und hält den Prozess „fest“.

Die Kinder finden sich in der Dokumentation wieder, erinnern sich und können weiterarbeiten.

Wir dokumentieren auf vielfältigste Weise in unserem Haus. Jedes Kind besitzt einen Portfolio-Ordner, in dem viele Prozesse, Entwicklungen, Interessen, Vorlieben, Lernerfolge usw. festgehalten werden – über den Inhalt seines Ordners bestimmt das Kind mit; sein Portfolio-Ordner steht jedem Kind täglich und immer zur Verfügung. Das Kind entscheidet auch, wem es seinen Ordner zeigen möchte.

Dokumentation heißt für uns auch wahrnehmende Beobachtung. Wir beobachten die Kinder in möglichst vielen Situationen und haben gelernt, uns auch einmal zurück zu halten.

Unsere „sprechenden Wände“ sind nicht nur für die Eltern ein gutes teilhaben lassen am Geschehen in unserem Haus, sondern vor allem sehen wir dies als Wertschätzung der Kinder gegenüber. Die Kinder sind sehr stolz darauf, gemeinsam mit der Erzieherin die Dokumentation zu gestalten – mit zu entscheiden – sie entwickeln dabei ein gutes Gefühl und sind stolz auf sich.

Durch eine „sprechende Wand“ kann ein Kind in sich gehen und alles in Ruhe noch einmal betrachten – dadurch wird es zu neuem Tun angeregt.

 

 

6. Das Selbstverständnis der Fachkräfte und die Bedeutung des Teams bedeutet für uns:

 

Unser Profil als Fachkraft beinhaltet die Wertschätzung eines jeden einzelnen Kindes. Die Kinder mit all ihren Stärken zu sehen und auf die Bedürfnisse kindgerecht zu reagieren ist ebenso wichtig, wie passende Impulse zu setzen.

Wir wollen selbst mit den Kindern auf spannende Reisen gehen und die Welt nochmal ganz neu entdecken, indem wir mit ihnen gemeinsam forschen und auch staunen.

Dabei sehen wir uns auch als Wegbegleiterin und Zeugin, die die wichtigen Dinge gemeinsam mit den Kindern festhält.

Die Stärken jeder einzelnen Kollegin im Team sehen wir als eine Art Schatz und es ist uns wichtig, diese Ressourcen bestmöglich zu nutzen. Team bedeutet für uns auch, dass jede Fachkraft volle Bezugsperson des Kindes sein soll und sich somit jeder für jedes Kind verantwortlich fühlt. Wir schaffen auch uns immer wieder „Raum“, um in uns hinein zu horchen, um auf jede individuelle Entwicklung einer Fachkraft eingehen zu können.

Kontinuierliche Teambesprechungen sind uns sehr wichtig - um jeden dort abholen zu können, wo er sich gerade befindet und gemeinsam unseren reggio-inspirierten Weg zu gehen.

 

 

7. Der Raum als „dritter Erzieher“ bedeutet für uns:

 

Die Kinder und auch die Fachkräfte sollen sich im Raum geborgen fühlen und in ihrer Kreativität in allen Bereichen gestärkt bzw. angeregt werden.

Der Raum soll allen Möglichkeiten geben, sich frei zu entfalten. Jeder in unserem Haus soll sich in unseren Räumen wiederfinden, vergangene Situationen wieder aufnehmen können, Erinnerungen sollen geweckt werden.

Unsere Räume werden je nach Bedürfnissen mit verschiedensten Materialien verändert;

die Gestaltung wird nach den Interessen der jeweiligen Kinder – die „ihn“ bewohnen, eingerichtet.

In unserem Haus befinden sich:

·        ein großer Gruppenraum mit Schwerpunkt „Atelier“

·        ein kleines Atelier (Kinderkrippe)

·        ein großer Gruppenraum mit Schwerpunkt „Bauen/Konstruieren“

·        ein großer Gruppenraum mit Schwerpunkt „Rollenspiel“

·        eine Holzwerkstatt

·        eine Bücherei

·        2 Kinderrestaurants (Kindergarten & Kinderkrippe)

·        ein großer Bewegungsraum

·        eine Klangoase (Musik & Entspannung)

·        eine Lernwerkstatt (Buchstaben, Zahlen, usw.)

·        ein großzügiger Gangbereich mit wechselnden „Ecken“ und Aktionsangeboten

 

 

8. Lebensgemeinschaft auf Zeit mit Müttern und Vätern bedeutet für uns:

 

Wir sehen Eltern als Profis für ihr Kind zu Hause und dies wollen wir ihnen auch mit Wertschätzung und Achtung entgegenbringen. Wir beziehen die Eltern in unsere Arbeit von Anfang an mit ein, die Eingewöhnung jedes Kindes in unser Haus ist uns sehr wichtig. Nur ein Miteinander kann dazu führen, dass sich ein Kind bei uns wohl fühlt und sich somit voll entfalten und entwickeln kann.

Auch indem wir die Eltern einladen, ihr Fachwissen und ihre Interessen mit uns zu teilen, beziehen wir sie mit ein. Dies geschieht in Form von Projekten, aber auch im Alltag.

Uns ist ein professioneller aber auch menschlicher Umgang wichtig. Was sich als sehr ergiebig herausgestellt hat, ist, dass die Eltern viele Remida-Materialien mitbringen, die unser Haus sehr bereichern. Der Fleiß und die Tatkraft der Eltern zeigen sich auch in gemeinsamen Erlebnissen (z.B. eine Mutter macht mit den Kindern Butter, ein Vater repariert mit den Kindern verschiedene kaputte Sachen im Haus, unsere Hauswirtschafterin kocht mit den Kindern Marmelade ein, und noch vieles mehr).

In unseren Entwicklungsgesprächen arbeiten wir gerne mit einer „Ressourcen-Sonne“ – hier können Eltern sehr gut in sich gehen und die Stärken und Entwicklungen ihres Kindes wiedergeben.

 

 

9. Gemeinwesenorientierung bedeutet für uns:

 

Wir sind sehr präsent in unserem Ort und eine aktive Beteiligung

in unserer Gemeinde ist uns wichtig. Einmal jährlich öffnen wir für unseren Ort unser Haus und gestalten einen Tag der offenen Tür. Durch diese Transparenz versuchen wir, so viele wie möglich zu erreichen und die Möglichkeit zu geben, uns kennen zu lernen.

Auch das Besuchen verschiedenster Betriebe, Geschäfte, usw. steht bei uns auf dem Plan.

Wir gehen viel mit den Kindern spazieren, unternehmen Exkursionen, besuchen Bauernhof, Reiterhof und vieles mehr.

Somit erhalten die Kinder sehr gute Einblicke in die verschiedenen Gebiete – können dadurch  ihren „Horizont“ erweitern und aktiv am Gemeindewesen teilhaben. Ob in der Bank, im Rathaus, bei der Feuerwehr – wir versuchen immer, so viele wie möglich in unseren „Alltag“ miteinzubeziehen.

 

 

10. Die Rechte der Kinder bedeutet für uns:

 

Jedes Kind hat bei uns das Recht auf Selbstbestimmung. Dies zeigt sich darin, dass ein Kind frei wählen kann, was, wo und mit wem es spielt/arbeitet. Es weiß selbst am besten, was ihm gut tut, was es gerade jetzt braucht und wie es seine Zeit sinnvoll nutzt.

Jedes Kind drückt sich mit einer anderen Sprache aus und die kann heute anders sein als gestern und/oder morgen. Wir akzeptieren und stärken ein Kind darin, so zu sein wie es ist. Wie wichtig uns die Meinung der Kinder ist, wird in den Kinderkonferenzen spürbar. Sie bringen auch hier ihre eigenen Ideen und Wünsche mit ein und entwickeln dadurch Selbstwertgefühl. Welche Laterne ein Kind gestaltet und ob es in einer Kirchen-Andacht eine Fürbitte sprechen, einen Laternentanz aufführen oder lieber zuschauen will, entscheidet jedes Kind selbst.

Auch der Morgenkreis ist ein weiterer wichtiger Punkt den jedes Kind aktiv mitgestalten und seine Interessen vertreten kann.

 

 

11. Konzeptionelle Weiterentwicklung bedeutet für uns:

 

Wir lassen uns auf einen offenen Prozess ein, indem wir Veränderungen rund um die Reggio-Pädagogik und im gesellschaftlichen Zusammenleben beobachten.

Die regelmäßige Überarbeitung unserer Konzeption basiert auf gesellschaftlichen Veränderungen und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

In Teambesprechungen oder an Teamweiterbildungstagen überarbeiten wir in regelmäßigen Abständen unsere Konzeption, um unsere pädagogische Professionalität entsprechend weiterentwickeln zu können.

Wir sehen uns als lernende Organisation.

 

»Kinder müssen wählen können, wo und mit wem sie ihre Neugier, ihre Intelligenz, ihre Emotionen einsetzen: um die unerschöpflichen Möglichkeiten der Hände, der Augen und der Ohren, der Formen, Materialien, Töne und Farben zu erspüren, sich bewusst zu machen, wie der Verstand, das Denken und die Phantasie ständig Verbindungen zwischen einzelnen Dingen herstellen und die Welt in Bewegung und Aufruhr versetzen.«   Loris Malaguzzi