Das Gehirn eine "Zwiebel" und die ersten Erfahrungen sind Körpererfahrungen


Das Gehirn hat den Aufbau ähnlich einer Zwiebel. Stellen Sie sich die Entwicklung dieser Gartenzwiebel etwa so vor:

Die ältesten, während der Hirnentwicklung zuerst herausgeformten Bereiche sind gewissermaßen das Herz der Hirnzwiebel.

Sie liegen tief unten im Gehirn, dort, wo das Rückenmark beginnt. Die feinen Verknüpfungen der Nervenzellen in diesem Hirnstamm sind schon vor der Geburt herausgeformt worden. Deshalb ist dieser Hirnstamm untrennbar mit dem Körper verbunden, ähnlich wie das Herz der Zwiebel mit den Wurzeln, die sie im Boden verankern und mit Nährstoffen versorgen. Weil sich dieses Herz der Gehirnzwiebel anhand der aus dem Körper eintreffenden Siganle herausgeformt hat, passen die dort entstandenen neuronalen Netzwerke perfekt zu dem Körper des betreffenden Kindes. Sie sind bei jedem Menschen optimal an seinen jeweiligen Körper und dessen Besonderheiten angepasst.

 

Am besten folgendes Beispiel:

 

Hat ein Kind vom Vater besonders große Arme und Hände "geerbt", so entwicklen sich im Gehirn dieses Kindes all jene Nervenzellverbindungen, die zunächst für das Greifen und später aber auch für das "Begreifen" zuständig sind, etwas anderes als bei einem Kind, das kleinere und filigranere Arme und Hände hat. Diese sehr früh angelegten Schaltkreise  bilden gewissermaßen das Fundament, auf dessen Grundlage sich später alle anderen, darüberliegenden Schichten herausformen. Und weil es beim "Begreifen" um einen individuellen Vorgang geht, der - wie wir hier schön sehen können - von Kind zu Kind ganz verschieden aussehen kann, bekommen wir gleichzeitig eine Vorstellung davon, warum das aus dem Begreifen folgende Lernen ebenfalls eine höchst individuelle Angelegenheit ist. Gleichzeitig wird so auch verständlich, weshalb das Kind in seiner Art, wie es Dinge und später auch Sachverhalte begreift, demjenigen Elternteil ähnlich wird, von dem es dieses körperliche Merkmal "geerbt" hat.

 

aus Gehirnforschung für Kinder, Gerald Hüther-Inge Michels, 4.Auflage 2013 - Kösel Verlag